14.01.24 - Spiritleaks Redaktion
Prokrastination
Von Aufschieberitis und Frustrationsintoleranz
Der Begriff Prokrastination kommt aus dem Lateinischen von "procrastinare", was so viel wie "vertagen oder aufschieben" bedeutet. Daraus kann man dann auch schon ableiten, wovon hier die Rede ist: im gesunden Zustand ist es umgangsprachlich die Aufschieberitis, im pathologischen Sinne spricht man hingegen von einem selbstschädigendem Vermeidungsverhalten.

Prokrastination wird im therapeutischen Rahmen, neben der Ärgerstörung, der Frustrationsintoleranz zugeordnet. Unter Frustrationsintoleranz versteht man, wie der Name schon sagt, eine Intoleranz gegenüber Frustration. Das bedeutet salopp übersetzt, wenn man zu Etwas keine Lust hat, dann legt man alles an den Tag um genau DAS nicht tun zu müssen. Bei Teenagern scheint das ja in der Regel zum guten Ton zu gehören, aber leider wird im psychologischen Bereich mittlerweile bei mehr als 70% der Patienten eine Frustrationsintoleranz diagnostiziert. Damit wurde die bisherige Top-Diagnose, das Selbstwertproblem, breits abgelöst. Und ja, wenn man hinaus in die Welt schaut, ist der Satz "Wenn dir das nicht gefällt, musst du das nicht tun. Dann probierst halt was anderes aus." nicht selten zu hören. Wächst man als Kid mit dieser Prägung auf, wird ihm wohl oder übel im Erwachsenenalter der Bums fehlen, um eine Sache durchzuziehen. Wenn es unbequem wird, macht man eben was anderes.
Von Prokrastination spricht man also, wenn man Sachen so lange verschiebt, bis die Zeit fast abgelaufen ist. Immer auf den letzten Drücker kann man sagen. Solange es beim letzten Drücker bleibt, ist auch alles noch im grünen Rahmen und man muss sich keine Sorgen machen. Das man Dinge, die man nicht gerne macht, verschiebt ist also absolut normal. Aber wo kommt das denn eigentlich her?
Die wahre(n) Ursache(n) von Prokrastination
Ursprung: Der Mensch ist von Natur aus faul. Das ist nicht negativ gemeint, denn der Mensch ist evolutionsbedingt so programmiert, das er Energie nicht unnötig verbraucht. Der Hang zum Vermeiden liegt also bereits in unseren Genen.
Das Leiden: Und wenn wir auf etwas keine Lust haben, vermeiden wir, weil wir bereits das "Gefühl", etwas tun zu müssen, wozu wir keine Lust haben, vermeiden wollen. Der Mensch glaubt also zu leiden, wenn er es dann doch tut. Wiederholt sich dieses Prozedere, wird es uns in Zukunft immer schwerer fallen, unangenehme Dinge in Angriff zu nehmen. Es wäre somit ein sehr guter Ansatz, den Leide-Modus mit einem positiven Gefühl zu überschreiben, anstatt sich in ihm zu suhlen. Belohnen ist zum Beispiel immer eine gute Wahl. Wurde die "Sache" vollbracht kann man vielleicht schön Essen gehen oder sich selbst etwas Gutes tun. Die Belohnung wird dann im Unterbewusstsein abgespeichert und so wird das "Leiden" von mal zu mal weniger, bis man letztendlich weniger an Aufschieberitis leidet.
Blockade: Spannend wird es allerdings, wenn das Gefühl nicht einfach nur das zukünftige Leiden betrifft, sondern wenn sich hinter der Vermeidungsstrategie noch ein ganz anderes Gefühl verbirgt. Im schlimmsten Fall ist uns das Gefühl nicht einmal bewusst. Dann sitzen wir vor einer Sache und fühlen uns innerlich absolut blockiert und wissen nicht warum. Im Unterschied zum "Leide-Modus" verspürt man hier eine sehr hohe innere Anspannung. Diese kann so stark werden, dass sie den ganzen Alltag überschattet und wir uns in unserem Selbst stark eingeschränkt fühlen. Die Angst sitzt einem dann quasi im Nacken.
Hier befinden wir uns dann auch schon an der Grenze zum Pathologischen. Schaffen wir es, die Sache dann doch noch in Angriff zu nehmen, können wir stolz auf uns sein. Schaffen wir es nicht und verschieben die Angelegenheit soweit, das sie negative Konsequenzen und Auswirkungen auf unser Leben hat, sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Was kann man nun tun?
Hinter jeder Vermeidungsstrategie verbirgt sich ein ungutes Gefühl. Möchte man sich von der Aufschieberitis befreien, gibt es nur eine nachhaltige Methode: das ungute Gefühl mit einem neuen Gefühl überschreiben. Wie ihr bereits gelesen habt, ist das Belohnen eine sehr gute Möglichkeit, um aus einem unguten ein gutes Gefühl zu machen. Hier zählen jedoch die Häufigkeit und die Intensität, denn ein ungutes Gefühl lässt sich leider nicht mal ebenso auslöschen.
Wenn man bereits unter einer Blockade leidet, sollte man nach der Ursache und nach dem eigentlichen Gefühl forschen. Hier verbergen sich vielleicht Traumata, schlechte Erfahrungen die als Muster verknüpft sind oder auch antrainierte Muster aus früheren Lebensphasen. Ist man dem Gefühl oder der Ursache auf die Schliche gekommen, fällt es meistens schon leichter eine Sache in Angriff zu nehmen. Dennoch gilt es auch hier, das eigentliche verknüpfte Gefühl muss durch ein gutes Gefühl ersetzt werden.
Bei einer pathologischen Störung zeigen Therapieverfahren wie die Integrative KVT oder die Schematherapie sehr gute und nachhaltige Erfolge.